Freitag, 22. Mai 2009

Donnerstag, 21. Mai 2009

lady luck never smiles

















Vor dem Frisiertisch ließ sie sich nieder. Gelangweilt stierte sie ins Leere und schob das unangenehme Umkleiden immer wieder hinaus. Dann warf sie einen Blick in den Spiegel. Auch das langweilte sie zuerst, dann aber fesselte sie ihr eigenes Gesicht. Sie kniff die Augen ein wenig zusammen, um das ihr entgegen schauende Antlitz noch schärfer sehen zu können. Tagsüber tat sie das öfters, manchmal sogar eine ganze Weile lang, wenn man sie nicht störte. Denn sie hätte für ihr Leben gern gewusst, ob sie schön oder häßlich war. Bislang konnte sie das aber noch nicht entscheiden. Grübelnd betrachtete sie sich im Spiegel. Zug für Zug musterte sie ihr Gesicht. Zuerst die Augen. Sie waren groß und tief blau. Dann prüfte sie ihre Nase. Wie mag wohl eine schöne Nase aussehen? Das wusste sie ebensowenig, wie es ihr klar war, wie schöne Ohren aussehen müssten. Oft und lange hatte sie schon im Lexikon nachgeschlagen und die Gesichtszüge der verschiedenen Venusstatuen, aller berühmten Gesichter der Kunstgeschichte studiert- zu einer einheitlichen Erkenntnis war sie aber dadurch nicht gelangt.

Manchmal hatte sie sich schon gewünscht, dämonisch hässlich zu sein, wenn sie schon nicht sehr schön sein könnte.
Sie mühte sich, tückisch von der Seite zu blicken : in ihrem Blick sollte die Verdammnis liegen.

-mit den augen einer frau zsolt von harsanyi